Karriere: Fluch oder Segen?

Endlich, nach vielen Jahren der stillen Schufterei, habe ich die Chance ergriffen und mich auf die Position eines Schichtführers beworben und diese bekommen. Endlich hatte ich etwas zu sagen und ein kleines bisschen Macht.

Ich hatte es anfangs gar nicht auf eine höhere Position abgesehen, doch als ich die Gelegenheit sah, konnte ich einfach nicht widerstehen. Ich war plötzlich so gierig nach dem Ring der Macht, als wäre ich Gollum höchstpersönlich. Kaum hatte ich die Position inne, wollte ich allen beweisen, was ich leisten kann. Ich wollte die Position behalten, meine Macht festigen und allen zeigen, dass ich es wert bin, diese Position innezuhaben. Also kniete ich mich noch mehr rein, arbeitete mehr, blieb länger als sonst, ich schluckte so manche bittere Pille und machte es jedem recht, bis es mir irgendwann so richtig übel wurde.

Ich war nicht mehr Ich. Das war nicht die Arbeit, die ich liebte. Stattdessen war mein Arbeitstag mit Tätigkeiten ausgefüllt wie unmotivierte Mitarbeiter zu motivieren, meinen Vorgesetzten Rechenschaft abzulegen, den Kunden sprichwörtlich den Zucker in den Allerwertesten zu blasen, Intrigen zu erkennen und aufzulösen, Gemeinheiten von Mitarbeitern abzuwehren, die bei der Beförderung übergangen wurden und Mitarbeiter zu noch mehr Arbeit anzutreiben. Das Zepter der Macht wurde mir zu schwer.

Der unfähige Vorgesetzte

Solche Geschehnisse sind nicht neu. Schon 1969 entdeckten die beiden US-Autoren Laurence J. Peter und Raymond Hull das Phänomen der sogenannten Spitzenunfähigkeit, besser bekannt als das Peter-Prinzip. Es besagt, dass in jeder Hierarchie die Beschäftigten so lange befördert werden, bis sie auf einen Posten gelangen, auf dem sie inkompetent sind. Daraus folgt, dass in dem Unternehmen jede Führungsposition mit einem inkompetenten Mitarbeiter besetzt ist, der mit seiner Arbeitsaufgabe überfordert und handlungsunfähig ist.

Wäre die obere Aussage wahr, dann müsste jede Organisation über kurz oder lang zusammenbrechen. Trotzdem steckt in der provokanten Ausführung ein wahrer Kern, wie die folgenden Beispiele zeigen:

  • Eine Lehrerin wird zur Schulleiterin befördert, da sie gute Arbeit leistet. Allerdings führt sie ihre untergebenen Kollegen mit demselben Ton wie ihre Schüler. Gleichzeitig ist sie mit der Verwaltungsarbeit überfordert
  • Ein hervorragender Sportler wird zum Trainer ernannt und kann das Team nicht vereinigen, da er den Umgang mit seinen Spielern scheut.
  • Ein hochqualifizierter Ingenieur wird zum Vorgesetzten befördert, hat jedoch keine Führungskompetenz und seine Mitarbeiter machen, was sie wollen.

Die eigenen Stärken erkennen

Kennen Sie den Spruch: „Es gibt viele Wege nach Rom.“? Ihr berufliches Glück kann mit Ihren Entscheidungen beginnen oder enden. Eine berufliche Karriere ist selten ein direkter Weg nach oben. Ich nehme mir ein Beispiel am Bergsteigen. Es geht nicht immer aufwärts, manchmal ist es auch sinnvoll seitwärts oder wieder einen Schritt zurückzugehen. Der „sichere Weg“ zum Gipfel ist mir wichtiger. Der Weg ist mein Ziel. Natürlich ist es nicht leicht, eine sichere Beförderung auszuschlagen. Was werden die Kollegen, Freunde, Partnerin oder der Vorgesetzte von Ihnen denken? Positiv, negativ? Es ist ein Zeichen von Größe, sich seine Stärken und Schwächen selbstkritisch einzugestehen.

Freude am Job

In erster Linie geht es um uns selbst. Wenn Sie einen Job haben, der Ihnen keinen Spaß macht, Sie sich jeden Tag verbiegen müssen, ein schlechtes Gewissen haben, dann ist das auf die Dauer nicht der Job mit dem Sie alt werden. Finden Sie heraus, was Ihnen Spaß macht. Wir haben jederzeit die drei Möglichkeiten: Verändern, Verlassen oder Vergessen (Change it, leave it or forget it). Doch zuerst muss Ihnen klar sein, was Ihnen gefällt.

Wenn Sie Ihre Stärken und Schwächen herausfinden wollen, oder sich in eine neue Position gedanklich hineinfühlen wollen, helfe ich Ihnen gerne dabei.

26. September 2017